Zulassung von Medizinprodukten in Europa – Ein Leitfaden für Hersteller
Die Zulassung von Medizinprodukten in Europa ist durch die Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation, MDR 2017/745) geregelt. Diese Verordnung ersetzt die bisherige Medizinprodukterichtlinie (MDD 93/42/EWG) und die Richtlinie für aktive implantierbare medizinische Geräte (AIMDD 90/385/EWG). Hersteller, die ihre Produkte auf dem europäischen Markt in Verkehr bringen möchten, müssen die MDR-Anforderungen vollständig erfüllen und ein CE-Kennzeichen für ihre Produkte erhalten.
Dieser Leitfaden gibt einen umfassenden Überblick über die Anforderungen für die Zulassung von Medizinprodukten in Europa.
Allgemeiner Überblick des Medizinproduktemarktes in Europa
Bevölkerungszahl
Die Europäische Union umfasst derzeit 27 Mitgliedsstaaten mit einer Gesamtbevölkerung von rund 448 Millionen Menschen. Der Europäische Wirtschaftsraum (EWR) und weitere Länder wie die Schweiz und das Vereinigte Königreich folgen teilweise den gleichen oder ähnlichen Regularien.
Marktvolumen
- Der europäische Medizintechnikmarkt ist einer der größten weltweit und wird auf über 140 Milliarden Euro geschätzt.
- Etwa 27 Prozent des globalen Medizintechnikumsatzes entfällt auf Europa.
- Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich machen über 70 Prozent des europäischen Marktes aus.
Prognosen für die kommenden drei Jahre
- Die Branche wächst mit einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 4 bis 6 Prozent.
- Wichtige Treiber des Wachstums sind Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Robotik und personalisierte Medizinprodukte.
- Durch die Einführung der MDR 2017/745 haben sich die Anforderungen für Hersteller erhöht, was zu Verzögerungen bei der Zulassung neuer Produkte geführt hat.
Zuständige Behörde für Medizinprodukte in Europa
Die Regulierung von Medizinprodukten in Europa erfolgt auf EU-Ebene, wobei die Europäische Kommission eine zentrale Rolle spielt.
Regulierungsbehörden und deren Aufgaben
- Europäische Kommission: Entwickelt und aktualisiert die regulatorischen Anforderungen (z. B. MDCG-Leitlinien).
- Benannte Stellen (Notified Bodies, NB): Prüfen und zertifizieren Medizinprodukte gemäß MDR 2017/745.
- Nationale Behörden der EU-Mitgliedsstaaten: Überwachen die Einhaltung der MDR-Vorschriften auf nationaler Ebene.
Beispiele für nationale Behörden
- Deutschland: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
- Frankreich: Agence Nationale de Sécurité du Médicament et des Produits de Santé (ANSM)
- Italien: Ministero della Salute
- Spanien: Agencia Española de Medicamentos y Productos Sanitarios (AEMPS)
Rechtliche Anforderungen im Zielland
Gesetzliche Grundlagen für Medizinprodukte in Europa
Die MDR 2017/745 ist seit Mai 2021 vollständig in Kraft und ersetzt die vorherigen Medizinprodukterichtlinien. Sie legt umfassende Anforderungen für Hersteller, Händler, Importeure und Benannte Stellen fest.
Wichtige Aspekte der MDR 2017/745
- Erhöhte Anforderungen an klinische Bewertungen
- Verschärfte Marktüberwachung und Post-Market-Surveillance (PMS)
- Strengere Anforderungen an die technische Dokumentation
- Einführung der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED)
CE-Kennzeichnung als Voraussetzung für den Markteintritt
Hersteller müssen nachweisen, dass ihr Medizinprodukt die allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen (GSPR) gemäß MDR erfüllt. Erst dann dürfen sie die CE-Kennzeichnung anbringen und ihr Produkt in der EU vertreiben.
Informationen zur Notwendigkeit eines lokalen Repräsentanten
Ist ein lokaler Repräsentant erforderlich, um Medizinprodukte zuzulassen oder zu registrieren?
Ja, für Hersteller außerhalb der Europäischen Union ist es verpflichtend, einen EU-Bevollmächtigten (European Authorized Representative, EU-AR) zu benennen.
Anforderungen an den EU-Bevollmächtigten (EU-AR)
- Der EU-AR muss in einem EU-Mitgliedstaat ansässig sein.
- Er übernimmt die Kommunikation mit den nationalen Behörden.
- Er ist verantwortlich für die Überprüfung der technischen Dokumentation.
- Er wird in der EUDAMED-Datenbank als Bevollmächtigter eingetragen.
Hersteller mit Sitz in der EU benötigen keinen Bevollmächtigten, müssen jedoch sicherstellen, dass ihr Produkt konform mit der MDR ist.
Definition und Klassifizierung von Medizinprodukten
Nach welchem Gesetz wird dies in Europa festgelegt?
Die Klassifizierung von Medizinprodukten erfolgt gemäß MDR 2017/745, die Produkte nach ihrem Risikopotenzial einteilt.
Klassifizierung von Medizinprodukten nach MDR
- Klasse I – Geringes Risiko (z. B. Verbandstoffe, chirurgische Instrumente)
- Klasse IIa – Mittleres Risiko (z. B. Infusionspumpen, Ultraschallgeräte)
- Klasse IIb – Höheres Risiko (z. B. Anästhesiegeräte, Defibrillatoren)
- Klasse III – Hohes Risiko (z. B. Herzklappen, Stents, Implantate)
Zusätzlich gelten besondere Klassifizierungsregeln für In-vitro-Diagnostika (IVD) gemäß der IVDR 2017/746.
Zulassungsverfahren für Medizinprodukte in Europa
Welche Zulassungsverfahren gibt es?
Je nach Risikoklasse gibt es unterschiedliche Zulassungsverfahren:
- Selbsterklärung (für Klasse I-Produkte ohne Messfunktion oder Sterilität)
- Konformitätsbewertung durch eine Benannte Stelle (für Klasse Is, Im, IIa, IIb und III-Produkte)
- Klinische Bewertung und Marktüberwachung für alle Produkte
Durchschnittliche Dauer der Zulassungsverfahren
- Klasse I: ca. 1–3 Monate
- Klasse IIa und IIb: ca. 6–12 Monate
- Klasse III: ca. 12–24 Monate
Die Dauer hängt stark von der Kapazität der Benannten Stellen und der Qualität der technischen Dokumentation ab.
Anfallende Kosten
- Klasse I: Geringe Kosten, da keine Benannte Stelle erforderlich ist.
- Klasse IIa und IIb: Zwischen 10.000 und 50.000 Euro je nach Produkt.
- Klasse III: Mehr als 100.000 Euro für Zulassung und klinische Studien.
Gültigkeit der Registrierung bzw. Zulassung
- Die CE-Kennzeichnung ist in der Regel fünf Jahre gültig.
- Nach Ablauf muss eine erneute Bewertung durch die Benannte Stelle erfolgen.
Sprachanforderung
- Die technische Dokumentation kann auf Englisch eingereicht werden.
- Gebrauchsanweisungen, Etiketten und Produktinformationen müssen in allen relevanten EU-Sprachen verfügbar sein.
Fazit
Die Zulassung von Medizinprodukten in Europa ist ein anspruchsvoller Prozess, der strenge Anforderungen an Hersteller stellt. Neben der CE-Kennzeichnung ist eine umfassende technische Dokumentation und Marktüberwachung erforderlich.
Wichtige Punkte zusammengefasst:
- CE-Kennzeichnung ist Pflicht für den EU-Markt
- Strenge Anforderungen durch MDR 2017/745
- Benannte Stellen sind für Klasse II und III-Produkte erforderlich
- Nicht-EU-Hersteller benötigen einen EU-Bevollmächtigten
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- EU-Bevollmächtigten-Service (EU-AR)
- Beratung zur technischen Dokumentation und CE-Kennzeichnung
- Unterstützung bei Konformitätsbewertungsverfahren mit Benannten Stellen
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